August 2024 – Georgien – Großer Kaukasus
"Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter"
Friedrich Schiller
Update Sonntag, 18. August 2024
Vor drei Wochen standen wir noch auf dem Hof von MAN, unser Zwischengetriebe war mittlerweile schon in der Werkstatt. Montags ging es dann zügig los: das alte Zwischengetriebe wurde aus- und das neue eingebaut. Keine große Sache, sofern man das entsprechende Ersatzteil hat…
Stony wieder in einer Werkstatt - Tegeta Motors in Kutaissi
Schwer erkämpft - unser neues Zwischengetriebe
Die beiden Fahrzeugbaumeister
Am frühen Nachmittag des 29. Juli konnten wir vom Hof fahren. Es fühlte sich phantastisch an. On the road again.
Ushguli und Mestia
Von Kutaissi machten wir uns endlich auf den Weg in den hohen Kaukasus, nach Ushguli. Das ist ein auf ca 2.200 Metern Höhe gelegenes kleines Dorf in Oberswanetien, das vor allem für seine noch erhaltenen mittelalterlichen Wehrtürme und Kirchen berühmt ist und zum UNESCO Welterbe zählt. Etwa 200 Menschen leben ganzjährig hier, in den Sommermonaten kommen sicher noch einmal so viele Touristen täglich dazu. Von Kutaissi sind es 160 km nach Ushguli. Für das letzte Stück muss der über 2.600 Meter hohe Zagaripass überwunden werden.
Unser erster Fahrtag nach drei langen Wochen des Wartens und Kämpfens führte uns bis kurz vor Lentechi auf halber Strecke. Wir fanden einen recht guten Platz zum Wildcampen am Fluss und genossen unsere Reisefreiheit in vollen Zügen. Am nächsten Morgen nahmen wir gut gelaunt die restlichen 75 km bis Ushguli in Angriff. Wir werden bis Nachmittag brauchen.
Die Straße ist gut befahrbar, auch mit normalen Fahrzeugen, ohne 4x4. 90% sind betoniert oder asphaltiert, zwar mit Wellen, Spurrillen und Löchern, aber ok. Die restlichen 10% sind einigermaßen heftig, abenteuerliche Baustellen wechseln mit ruppigen Schotter- und Sandpisten, es gibt Wasserdurchfahrten, und es geht wahnsinnig schnell ziemlich steil nach oben. Aber die atemberaubenden Blicke auf die Berge entschädigt für alles.
Auf dem Weg zum Zagaripass nach Ushguli
Die Straße ist passabel, bis auf einige Baustellen,
... wo man schon mal an der halbfertigen Brücke vorbei durch Wasser muss,
... auf abenteuerlichen Gegenverkehr trifft,
... und hin und wieder unvermeidlich auf ein paar Tiere auf der Fahrbahntrifft.
Ushguli selbst ist nicht mehr das bezaubernde romantische Dörfchen, sondern es werden Unterkünfte, Cafes, Restaurants gebaut. Auch die Straße wird ausgebaut, nur einige Baustellen und alte Pisten gibt es derzeit noch. Trotzdem hat der Ort immer noch Charme. Man kann (noch) überall einfach frei stehen. Nachts hören wir Wölfe heulen und die riesigen Hütehunde, die wir tagsüber schon gesehen haben, bellen durchgehend.
Wildcamping wo man möchte in Ushguli
Ushguli ist für diese Wehrtürme berühmt
Von Ushguli ging es weiter nach Mestia. Die Straße dorthin ist noch eine Spur wilder, weil es viele richtig wilde Baustellen gibt. Aber, wahrscheinlich wird nächstes Jahr eine perfekt ausgebaute Asphaltstraße die Schwarzmeerküste mit Mestia verbinden, um weitere Touristen bequem in den Kaukasus zu bringen. Mestia erinnert uns an einen typischen europäischen Skiort. Es gefällt uns trotzdem, auch dieser Ort hat einen eigenen Charme und Infrastruktur wie Supermärkte, Banken, Hotels und jede Menge Restaurants.
Mestia Zentrum mit der Statue der Königin Tamar
Auch Mestia hat noch einige alte Wehrtürme
Und auch hier gibt es wieder mehrere abenteuerliche Baustellen.
Unser kurzer Ausflug in den nordwestlichen Kaukasus geht nach gut einer Woche zu Ende, wir fahren wieder in Richtung Kutaissi, stehen jeden Tag frei irgendwo auf einer Wiese. Das war ein Test und er ist diesmal gelungen.
Von Karen und Basti, einer netten Reisebekanntschaft aus Tiblissi haben wir den Tipp für einen guten Campingplatz nahe Gori bekommen: das Ushangi Village in Tashikari. Als Zwischenstopp auf unserem Weg zum anderen Ende des Kaukasus fahren wir dorthin. Das ist ein wirklich guter Platz mit allem was man als Camper braucht: Strom, Wasser, super saubere Dusche und WC, kleine Küche und WASCHMASCHINE. Das ist in Georgien nicht allzu häufig, deshalb sind wir umso glücklicher. Die Inhaberin Eka lebt eigentlich in Deutschland, ist jetzt hier in den Ferien und ist eine super nette und aufmerksame Gastgeberin. Auf dem Platz lernen wir ein anderes deutsches Paar mit zwei Mädchen und kleinem Hund kennen, das komplett aus Deutschland weg und nach Georgien ausgewandert ist. Wir haben sehr interessante Gespräche zusammen, es gibt so unterschiedliche und spannende Lebensentwürfe. Und so kommt es, dass wir hier volle 3 Tage bleiben.
41.692361, 44.817306
Ein sehr hübscher Platz.
Dann sind wir wieder unterwegs. Unser nächstes Ziel ist das
Truso Valley
Da man nicht durch das autonome Südossetien fahren kann, müssen wir „außen herum“, also weiter Richtung Gori und Tiblissi, und dort wieder in den Kaukasus hinauffahren. Die große Heerstraße ist gut zu fahren, allerdings gibt es auch hier mehrere teils heftige Baustellen. Mit aller Macht, so scheint es, sollen die touristischen Hotspots erschlossen und bewirtschaftet werden. Und wieder sehen wir chinesische Firmen, die eine gigantische Autotrasse in diese wunderbare Landschaft meißeln. Noch ist Georgien wild, ungezähmt, natürlich. In wenigen Jahren wird das leider immer mehr verschwunden sein…
Also Leute, fahrt JETZT nach Georgien.
Zunächst schauen wir uns noch ein cooles Denkmal für die georgisch-russische Freundschaft an. Voller Touristen, aber es liegt ohnehin auf unserem Weg und so machen wir dort eine kleine Pause, bevor es über den 2.380m hohen Kreuzpass geht. Bei Almansiani biegen wir von der Heerstraße links in eine zerfurchte Piste ab, folgen dieser ein paar Kilometer bis zu einer einfachen Brücke. Hier beginnt eine schöne Offroad Route, wie wir aus unserem Guide wissen.
Es ist eng, schotterig, schlammig, eine Brücke fehlt, aber mit unserem großen Truck schaffen wir die Piste. Zunächst geht es durch einen Canyon, dann öffnet sich mit einem Mal das Tal und man blickt auf weiße und farbige Sinterterrassen. Mineralien in den Gewässern oxidieren an der Luft und so kommt die rötliche Färbung zustande. Entlang der Piste, die sich am Terekfluss entlang schlängelt, gibt es überall traumhaft schöne Wild Camping Plätze.
Leider ist für uns bei dem kleinen Ort Keterisi Schluss, denn die dortige Brücke gibt es nicht mehr, eine neue ist im Bau, es gibt nur eine schmale Notbrücke, die für unseren Stony zu schmal ist. Durch das Wasser wollen wir nicht fahren. Schade, denn so können wir das traumhafte Fotomotiv „Stony vor dem Zakagori Fort“ nicht machen.
Auf der alten Heerstraße, kurz vor dem Kreutpass, gibt es dieses Denkmal, ursprünglich zur russisch-georgischen Freundschaft erbaut.
Endlich. Eine Schotterpiste führt hinein in das Truso Valley.
Zunächst geht es 15 km offroad und eng durch einen Canyon,
... wo ebenfalls eine Brücke nicht funktioniert und wir durch Wasser müssen.
Doch dann öffnet sich das Tal weit,
... und man sieht diese beeindruckende Sinterlandschaft.
Hier stehen wir an einem wunderbaren Wildcamping Platz ziemlich am Ende des Tals. Einfach phantastisch.
Der Zauber dieser (noch) unverfälschten Landschaft ist einfach magisch. Nur einige wenige Wanderer und eine Handvoll Minibusse und Vans sind unterwegs. Man hört nur das Rauschen des Flusses, ein paar Vögel, und – natürlich – das Bellen der riesigen kaukasischen Hütehunde. Nachts ist es stockdunkel. Kein einziges menschlich erzeugtes Licht stört den Blick in den Sternenhimmel. Die Luft ist klar und frisch. Hier verbringen wir einige Tage, bevor wir ein kleines Stück weiter fahren in ein anderes Tal, das
Sno Tal.
Ziemlich am Anfang gibt es einige Skulpturen zu sehen. Wir machen wieder eine kleine Pause, währenddessen füllt sich der Platz. Wir erfahren, dass ein Pferderennen gleich stattfindet und hier vorbei führt. Wir bleiben also und erleben ungeplant diesen tollen Moment. Danach fahren wir weiter und schaffen es tatsächlich bis Juta, ähnlich wie Ushguli ein mit am höchsten gelegener bewohnter Ort. Die Anfahrt gestaltet sich schwierig, eine steile enge Sandpiste windet sich auf über 2.200m hinauf, und plötzlich ist Schluss. Bauarbeiten sind im Gange und ein Bagger versperrt den Weg. Links parken eine Reihe Autos, rechts geht es 200m senkrecht hinunter. Wir sollen rückwärts zurück fahren, großes Geschimpfe wieso wir überhaupt bis dahin gefahren sind… Tja, es gab leider keinen Hinweis auf die Sperrung… Jürgen schaut sich das Ganze erstmal in Ruhe an und meint dann, „kann klappen, kann aber auch nicht klappen“. Der Bagger fährt zur Seite und Jürgen zirkelt unseren Stony gerade so an den Hindernissen vorbei. Das war knapp.
Juta ist der letzte Ort im Tal, der mit Fahrzeugen befahren werden kann. Hier ist die Grenze zu Russland sehr nahe. Man kann noch etwas aus dem Ort weiterfahren, es gibt traumhafte Wild Camping Plätze, aber dann kommt die Border Zone und hier ist leider Schluss. Zu Fuss kann man noch weiter gehen. Mehrmals fährt eine Grenzpatrouille bei uns vorbei. Ansonsten sind wir völlig allein, wieder schwarze Nacht und klarer Sternenhimmel, kein einziger Laut stört den Frieden.
Das Sno Tal – auch jetzt noch wirklich ein Geheimtipp und ein Paradies für Wanderer, Biker, Camper und Offroad Fans.
Zu Beginn des Sno Tales finden sich einige gigantische Steinköpfe.
Rein zufällig erleben wir ein georgisches Pferderennen.
Juta, ein kleiner Ort am Ende des Sno Tals, nur erreichbar über eine steile enge Sandpiste.
Eigentlich wäre hier Schluss gewesen für uns. Jürgen zirkelt den Stony aber durch die Baustelle.
Frühmorgens fahren wir den Pass wieder hinunter, um die Bauarbeiten nicht noch einmal zu stören.
Und so toll stehen wir mitten im Sno Tal, neben dem Flussbett, mit Blick auf den Kazberg, ein 5.000er.
Am nächsten Morgen fahren wir früh los und wieder herunter, denn ab 09:00 Uhr soll die Piste wieder gesperrt werden. Unten im Tal frühstücken wir bei Sonnenschein und Blick auf den schneebedeckten Kazberg, einen 5.000er. Dann fahren wir sagenhafte 12 km zu einem hübschen Platz nahe Stepandzminda, der letzten Stadt vor der russischen Grenze.
Eine Mineralquelle mit Pool in der Nähe von Stepandzminda.
Morgen wollen wir nach Russland einreisen. Es geht spannend weiter.