Juni 2024 – Georgien – Gestrandet in der Hauptstadt, Tiblissi

Freitag Nachmittag in Tiblissi, der Hauptstadt Georgiens, mitten in der Wochenend-Rush-Hour. Mit Warnblinker an und ständig in Sorge, einfach mittendrin liegenzubleiben:

in einem Kreisverkehr, auf einer Kreuzung oder in einem ziemlich dunklen Tunnel, durch den wir müssen, schleichen wir durch diese trubelige Millionenstadt. Aber wir behalten beide die Nerven. Jürgen fährt unerschütterlich durch dieses Chaos, durch das Clelia mit Hilfe von google maps ihn lotst.

Und tatsächlich schaffen wir es auf diesen kleinen Stellplatz an der Sameba Kathedrale. Hier stehen schon ein paar andere Reisende, sie winken uns zu. Wir sind fix und fertig und hadern natürlich, was uns hier nun schon wieder passiert ist. Das kann doch alles nicht wahr sein…

An diesem Abend machen wir nichts mehr, sondern stellen uns einfach nur an eine einigermaßen gerade Stelle. Morgens legt sich Jürgen unter den LKW, schaut sich alles an und überlegt, was letztlich mit unserem Stony los ist. Naheliegender Verdacht ist, dass bei der Reparatur der Kupplung in der Türkei irgendein Fehler passiert ist und deshalb die Kupplung erneut kaputt ist. Das ganze Wochenende zieht Jürgen sich alles an Kupplungsvideos rein was er kriegen kann. Und ist sich relativ sicher, dass das die Ursache der Geräusche und sein muss. Andere Reisende kommen dazu, muntern uns auf, geben uns Tipps für Werkstätten.

Der Zufall will es, dass auf dem Platz Kristin und Tobi stehen (TK Vanlive, die beiden verfolgen wir auf ihrem Youtube Kanal schon seit mindestens einem  Jahr). Wir verbringen mit ihnen, Karen und Sebastian aus der Nähe von Neuwied, Jürgens Heimat, einen sehr netten Abend mit Reiseanekdoten, bis nachts halb vier. Die ersten Hähne krähen schon als wir endlich in die Betten schlüpfen. Wir merken, wir sind noch Lichtjahre vom „Reise-Chill“ entfernt. Kein Wunder, die beiden sind seit 3 Jahren unterwegs, wir seit 3 Monaten…

Endlich, so haben wir das empfunden, ist dieses Wochenende vorbei, und Jürgen macht sich am Montagmorgen mit einem Taxi direkt auf die Suche nach einer geeigneten Werkstatt. Unser Glück im Unglück ist, dass wir jetzt in Tiblissi sind und hier ganz sicher Hilfe finden werden. Nicht auszudenken, dass wir am Freitag Vormittag noch eine muntere Offroadtour im Nirgendwo gemacht hatten…

In Tiblissi gibt es Werkstätten so ziemlich jeder Marke, auch MAN. Die sehen sich aber außerstande, sich unseren MAN anzusehen und schicken uns zu Volvo, das muss man sich vorstellen. Hier sind wir aber gut aufgehoben. Umgehend wird wieder ein Abschlepper organisiert, der uns noch am Montagabend abholt und in die 30 km entfernte Werkstatt Vako Motors bringt. Dort stehen wir dann auf dem Hof und haben eine unruhige Nacht. Wir sind beide angespannt und auch ein bisschen traurig.

Dienstagmorgen kann Jürgen mit dem LKW aus eigener Kraft in die Halle fahren, und dann geht die Fehlersuche los. Clelia verzieht sich währenddessen in den Garten des Hotels nebenan. Mittags kommt Jürgen mit der Nachricht, dass die neue Kupplung in Ordnung ist. Das ist schon mal gut. Aber das Zwischengetriebe ist kaputt, genauer gesagt ein Lager im Zwischengetriebe. Normaler Verschleiß. Pech einfach.

Das wird dauern, das Ersatzteil muss besorgt werden. Im LKW in der Werkstatt dürfen wir natürlich nicht übernachten, deshalb checken wir im Hotel, das direkt neben den Werkstätten liegt, für 33€ pro Nacht ein.

Und so verbringen wir die nächsten Tage mit Recherchieren nach Teilen, Warten, und Rumhängen. Wir können uns beide nicht zum Sightseeing aufraffen. Wir fühlen uns müde und angespannt. Wenn eine Reparatur nicht möglich wäre, müsste das gesamte Zwischengetriebe getauscht werden. Davon mal abgesehen, dass es so ein Teil weder in Deutschland, und erst recht nicht in Georgien einfach so gibt, würde auch ein gebrauchtes Teil mehrere Tausend Euro kosten. Wir haben permanenten Allrad und ein entsprechend spezielles Zwischengetriebe. Unsere weiteren Reisepläne stehen auf der Kippe.

Aber wir bauen uns gegenseitig auf. Verlieren nicht unseren Optimismus. Freunde schicken uns aufmunternde Nachrichten und bieten Hilfe an. Das tut echt gut.

Das Hotel ist auch ein „Erlebnis“ an sich. Jürgen bringt den Spruch: „sowas hatten wir sonst irgendwie immer mal mit unseren Motorrädern, das hat ja jetzt schon gefehlt“. Er meint den Sowjet Style und -Service. 

Eine Woche haben wir so verbracht. Es gibt Schlimmeres. Das kaputte Lager wird ausgetauscht, das Zwischengetriebe überholt und wieder sehr sorgfältig eingebaut, eine Probefahrt klappt ohne Probleme. Vako Motors hat gute saubere Arbeit geleistet. Sie arbeiten markenübergreifend, ihr könnt also auch mit Mercedes, MAN, Iveco oder so herkommen. 

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Innerhalb von 4 Wochen zum zweiten Mal - Wir müssen abgeschleppt werden

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Also, Aufstehen, Krönchen richten, und weiter geht´s. Wir bleiben zunächst in 

Tiblissi 

und wollen uns die Stadt nun doch noch anschauen. Wir fahren wieder auf den Platz neben der Sameba Kathedrale. Los geht es also mit der Kathedrale, eine der der Hauptkirchen der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche. Erst 2004 wurde sie eröffnet. Schon von außen ist sie wirklich eine Erscheinung, wir erleben an einem Sonntag auch einen Gottesdienst und sind sehr ergriffen von der tiefen Religiosität der vielen Menschen hier. 

Danach besuchen wir die „Mutter Georgiens“, eine 1958 zum 1500-jährigen Stadtjubiläum errichtete Statue auf einem Hügel über Tiflis. Es heißt, sie hält einen Becher Wein für Freunde und ein Schwert für Feinde bereit. Das gefällt uns gut. Von der Mutter Georgiens hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt.

Wir bummeln lange durch die Altstadt von Tiblissi, die für ihre Holz- und Balkonarchitektur bekannt ist. Enge schmale Gässchen mit uralten, teils völlig verfallenen Häusern, neben liebevoll renovierten Gebäuden durchstreifen wir. Es herrscht eine hippe und gleichzeitig traditionelle ruhige Stimmung. Wir lassen uns hier gerne treiben. Schließlich gönnen wir uns ein richtig gutes Mittagessen. Dieser schöne Tag hat uns richtig gut getan.

Aber er ist noch nicht vorbei. Abends spielt Georgien gegen Spanien im EM Achtelfinale. Ehrensache, dass wir ein kleines Public Viewing in unserem Camp organisieren. Als nach kurzer Zeit das erste Tor für Georgien fällt, hören wir ganz Tiblissi jubeln und hupen. Leider müssen sich die tapferen Georgier den Spaniern geschlagen geben. Trotzdem gibt es ein Feuerwerk über der Stadt und Autokorsos.

Dieser (inoffizielle) Camp Ground oberhalb der Sameba Kathedrale ist ein toller Platz für Reisende. Hier trifft man Reisebekanntschaften wieder, lernt neue kennen, sitzt zusammen und tauscht Informationen aus: nach dem Woher und wohin, tolle Routen und Stellplätze, wo kann man Wäsche waschen, wie bekommt man dies oder jenes Visum, und und und. Hier treffen wir auch Sabine und Jürgen von Fuxdeifelswuld wieder. Die beiden haben wir auf ihrem Youtube Kanal schon verfolgt und in Kappadokien kurz getroffen. Die beiden Jürgens diskutieren natürlich alle Fragen zum Zwischengetriebe, bevor wir alle zusammen am Montag Abend im "Home Kittchen" sowas von lecker und authentisch essen gehen. 

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Sameba Kathedrale

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Sameba Kathedrale innen genauso beeindruckend

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Kartlis Deda - die Mutter Georgiens

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Der schiefe Uhrenturm soll dafür stehen, dass nicht immer alles gerade läuft im Leben - Wie wahr

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Fußball EM: Georgien spielt gegen Spanien

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Wie bei Muttern. Wir schauen direkt in die Küche, ...

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 ... sitzen mittendrin

Mit allem Möglichen hatten wir gerechnet, was unterwegs passieren kann: einer von uns beiden wird ernsthaft krank, jemand fährt uns ins Auto, oder wir verursachen einen Unfall, es ist etwas mit unseren Eltern, unseren Kindern… Mit so einer Pannenserie mit unserem unkaputtbaren MAN hatten wir wirklich nicht gerechnet. Jürgen hat so vieles im Vorfeld überprüft, neu gemacht, vorsorglich getauscht…

Wir haben überlegt, ob wir in der Vorbereitung dieser Reise etwas falsch gemacht, etwas übersehen haben. Es fällt uns nichts ein. Letztlich ist es schlicht und ergreifend großes Pech gewesen, dass so kurz hintereinander zwei nicht ganz so schlichte Reparaturen anfielen. Beide Male hatten wir dabei Glück im Unglück, konnten jedes Mal eine Werkstatt finden, die Teile bekommen oder reparieren. Auch finanziell waren diese Pannen am Ende günstiger als in Deutschland. Sie haben aber unsere Reserve für Notfälle schon arg schmelzen lassen.

Wir werden deshalb in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen müssen. Weiterfahren? Klar ist leider jetzt schon, dass wir unsere Wunschroute über China - Ladakh - Pakistan wohl nicht mehr schaffen können. Wir haben Zeit und zu viel Geld verloren, und wir sind vor allem nicht sicher, ob das jetzt alles war an Reparaturen...

 

 

 

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