August 2024 – Armenien
„Zeit hat man nur, wenn man sie sich nimmt.“
Unbekannt
Wir waren ungeplant viel länger in Georgien und, ebenfalls so nicht geplant, nur sehr kurz in Russland geblieben.
Armenien stand anfangs überhaupt nicht auf unserem Reiseplan. Aber so ist das halt: nimm was das Schicksal bereithält und mach das Beste daraus.
Nun sind wir also in Armenien. Ungefähr drei Wochen Zeit haben wir, bevor wir allerspätestens am 08. September in den Iran einreisen „müssen“, weil ansonsten das Visum verfällt. Leider war eine Verlängerung nicht möglich.
Das Border Crossing bei Sadakhlo verlief problemlos und schnell. Nicht so unsere erste Stellplatzsuche. Wir nutzen verschiedene Apps, z.B. iOverlander und park4night, und fanden mehrere Plätze nicht weit nach der Grenze. Durch den Debed Canyon geht es zig Kilometer durch das enge schöne Tal, allerdings gibt es keine einzige intakte Brücke auf die andere Seite (mit den Stellplatz Tipps)… Und so versuchen wir auf eigene Faust einen schönen Übernachtungsplatz zu finden. Nach mehreren erfolglosen Versuchen finden wir diesen Platz oben auf dem Canyon, neben einem kleinen Kirchlein, und so stimmen wir uns ein auf dieses uns noch unbekannte Reiseland.
41.035812, 44.627090
Unser erster Platz für die Nacht, oben auf dem Canyon, an der kleinen Horomayr Kirche
Am nächsten Tag ist es für uns einfach, denn unsere Reisefreunde Karen und Basti haben uns die Koordinaten für einen sehr schönen Platz geschickt. Dort wollen wir uns treffen, bevor sich unsere Reisewege fürs erste wieder trennen. Wir verbringen einen sehr netten Abend zusammen. Die beiden erzählen vom Iran, wo sie gerade herkommen und wohin wir unterwegs sind. Dann heißt es, tschüß und gute Reise.
40.854806, 44.194139
Unser nächstes Ziel ist DER Overlander Treffpunkt schlechthin in der Region – das 3GS Camping in Goght. 2 Tage wollen wir eigentlich bleiben, es werden 5… Es klingt wirklich komisch, aber wir machen Urlaub vom Reisen. Es tut gut, einfach mal nichts zu machen, außer großer Wäsche, ganz klein bisschen am Auto gucken, und vor allem, sich mit anderen Gleichgesinnten zu unterhalten und nett zusammen zu sitzen.
http://www.campingarmenia.com/de/camping-3-gs/
Hier kann man gut ein paar Tage stehen,
... und sich mit Gleichgesinnten zusammen setzen, Reisestories austauschen und eine gute Zeit haben.
Auf unserem Weg kommen wir am Armenischen Alphabet vorbei, riesigen Steinbuchstaben.
... und schauen uns das Kloster Geghard an.
Wir haben uns für Armenien absichtlich kein „Programm“ vorgenommen. Wollen uns vor allem auf den Iran und die Arabische Halbinsel einstellen. Und nur machen wozu wir Lust haben.
Nach dem Reiseurlaub im 3GS Camping wollen wir zum Sewansee, dem größten Süßwassersee in Armenien. Wir sind an zwei Tagen das gesamte Westufer entlanggefahren und sehen, dass Bauruinen, Industrieanlagen, aber auch felsige Abschnitte und Wald dominieren. Überhaupt: wir sehen unglaublich viele fast fertige Wohn- und Ferienhäuser und Hotels, alles Ruinen. Ja, es gibt recht schöne Plätze an denen Einheimische picknicken und wo man gut stehen kann, je nachdem, wie offroad-tauglich man unterwegs ist und wie man sich traut. Aber diese muss man suchen und sich erarbeiten.
Am Sewansee
So fahren wir vom Südufer des Sees bei Martuni weiter nach Norawank. Bei Martuni gibt es einen großen Friedhof mit vielen dieser wunderschönen Steinkreuze. Dann folgt die Fahrt durch eine faszinierende Hochebene, vorbei an einem erloschenen Vulkan und den schönen Quellen bei Nshkhark. Hier gäbe es viele schöne Gelegenheiten zum frei stehen, aber es ist noch früh am Tag und so fahren wir weiter. Wir überqueren den Vardenyats Pass und finden uns in einem wunderschönen grünen Tal wieder, wo unter anderem Wein angebaut wird. Unser Ziel für den Abend ist das Norawank Kloster, zu dem wir durch einen beeindruckenden Canyon gelangen. Wir können auf einem Picknickplatz in der Nähe des Klosters stehen und frei campen. Dieser Platz ist ein Tipp von Einheimischen, die uns allerdings vor Bären warnen und meinen, wir sollten besser im Tal an der Straße übernachten… Die Nacht ist wunderbar ruhig, ohne Zwischenfälle, und am nächsten Morgen gehören wir zu den ersten Besuchern dieses schönen alten Klosters aus dem 13. Jahrhundert.
Ein Einheimischer macht uns auf eine Besonderheit aufmerksam: Im Inneren der Kirche ist ein schmerzverzerrtes Gesicht zu erkennen (wenn man weiß wo man schauen muss). Seine Erklärungen haben wir leider nicht verstanden, aber das Gesicht drückt irgendwie den ganzen Schmerz dieses gebeutelten und tapferen Volkes aus, finden wir...
Das Kloster Norawank, für uns eines der besonders schönen Anlagen.
Die Stelle an der Decke ist nicht einfach so zu finden, aber mit Phantasie ist das schmerzverzerrte Gesicht zu erkennen.
Durch diese imposante Schlucht gelangt man zum Norawank Kloster. Die Straße ist mittlerweile sogar asphaltiert.
Auf dem Weg weiter in den Süden gäbe es jede Menge schöne Landschaften und interessante Sehenswürdigkeiten zu sehen. Uns fehlt dafür irgendwie die Muße.
Noch fremdeln wir etwas mit Armenien. Aber so ist das eigentlich oft in einem neuen Land. Anderes Geld (1€ sind ca. 429 AMD – armenische Dram), an das man sich erst gewöhnen muss. Internet geht nicht stabil. Die Straßen sind oft sehr gut, manchmal grottenschlecht, aber die Navigation klappt halbwegs. Die Fahrweise der Armenier ist genauso schlimm wie die der Georgier – wer hupt hat Vorfahrt… Wo bekommen wir Wasser, Gas, wo können wir einkaufen?
Die Landschaft ist imposant. Die Berge sind schroff, unwirtlich, braun. Weite Hochebenen wechseln mit tiefen Schluchten und grünen fruchtbaren Tälern. Wir fahren über viele Pässe, die haben es oft in sich. Das macht Spaß, ist aber auch anstrengend.
Die Armenier sind freundlich und zurückhaltend. Wir fühlen uns überall willkommen und sicher.
Imposante Berge, weite Ebenen und viele schöne Pässe - das ist Armenien.
Eine alte Brücke bei Worotan.
Nicht über eine der relativ guten Hauptstraßen, sondern durch den Worotan Canyon und wieder über einen starken Pass (der wahrscheinlich noch gar nicht so lang so gut ausgebaut ist), erreichen wir sonntags schließlich Tatev. Nun sind es nicht einmal mehr 120 km bis zur iranischen Grenze.
Tatev ist ein kleiner Ort, mit lediglich einem kleinen Laden (Magasin), einer Seilbahnstation (Wings of Tatev), und – na klar – einer wunderschönen Klosteranlage. Direkt neben der Seilbahn finden wir einen sehr großzügigen sauberen Parkplatz, auf dem wir kostenlos stehen und übernachten können.
39.380528, 46.248750
Weil es hier so schön ist, bleiben wir noch einen ganzen Tag hier stehen, bereiten unsere Dokumente für den Iran vor, erledigen noch ein paar Mails und WhatsApps, machen den Stony richtig sauber und schlafen uns mal richtig aus.
Und dann heißt es in ein, zwei Tagen - auf in den Iran.
Auch das ist Armenien - jede Menge Kirchen und Klöster. Kloster Tatev