November 2024 Oman – Rub al Khali
„Niemand hinterlässt Spuren in der Wüste, aber die Wüste hinterlässt Spuren in der Seele der Menschen“
Nomadisches Sprichwort
Was für ein Glück, dass wir Gilles und Muriel mit ihrem Unimog gefunden haben. Bessere Reisepartner hätten wir uns nicht wünschen können. Es sind diese Zufälle, nicht nur auf Reisen, aber hier insbesondere, die aus einer normalen Fahrt etwas ganz Besonderes machen. Wenn man sich darauf einlässt, keine starren Pläne macht, neugierig und flexibel ist.
Wir hatten schon mit den Sterndünen, die im Nordwesten des Oman an der saudi-arabischen Grenze liegen, geliebäugelt. Aber der Weg dorthin beträgt etwa 270 km. Piste. Und dann? Alleine reinfahren? Eher nicht. Genauso ging es den beiden auch. Spontan beschließen wir vier, uns zwei Tage später in der Nähe von Al Hashman zu treffen, dem Einstieg in die Rub al Khali. Eigentlich wollen wir „nur“ zu einem Ort an dem es sagenhafte mysteriöse Steine geben soll, sogenannte Geoden. Von außen eher unscheinbar, sind sie mit etwas Geschick zu öffnen, und offenbaren im Inneren Hohlräume und Kristalle. Und eigentlich wollen wir gar nicht tief in die Wüste hineinfahren, sondern nur einen interessant klingenden „Loop“ von 35 km Länge fahren, mit ein oder zwei Dünenquerungen. Und eigentlich planen wir 2 bis 3 Tage für das Ganze. Am Ende werden wir zusammen ganze acht Tage in der Wüste verbringen und Freunde werden.
Los geht es, als wir uns ungeplant schon am Anfang der Piste treffen. Wir alle haben nochmal vollgetankt, Wasser und Vorräte aufgefüllt, und so geht es zusammen am Mittwoch den 13. November los. Von Salalah führt eine gut asphaltierte Straße (47) Richtung jemenitische Grenze. Bald zweigt eine Straße (45) rechts ab, die anfangs noch asphaltiert ist, aber später zur Piste wird. Wir kommen durch eine Geröllwüste mit tiefen Canyons. An einem dieser Canyons suchen wir uns unseren ersten gemeinsamen Übernachtungsplatz. Es wird der erste von vielen weiteren tollen Abenden.
270 km durch dieses Gelände müssen wir fahren bis zum Einstieg in die omanische Rub al Khali
wenig Verkehr hier, nur ab und zu ein paar Kamele kreuzen unseren Weg
Auf einem Plateau schlagen wir unseren ersten Nachtplatz auf, einfach links von der Piste abfahren
Ein besseres Abendprogramm als den phantastischen Sonnenuntergang können wir nicht bekommen
Blick in den Canyon, einer von vielen hier
So klein sind wir in der Natur
Nicht nur unsere beiden Fahrzeuge passen perfekt zusammen, auch wir vier verstehen uns gut
Das riesige Canyongebiet war vor Abertausenden Jahren ein Meeresboden. Deshalb findet man hier auch versteinerte Muscheln und Schnecken
Diese mysteriösen Steine liegen hier überall herum. Man kann sie vorsichtig aufschlagen und das kristalline Innere erkunden
Der nächste Tag wird hart, 200 km wirklich üble Piste bringen wir in 8 Stunden hinter uns, erreichen den Startpunkt des kleinen Loops und freuen uns auf unser kleines Abenteuer. Schon hier können wir die Erhabenheit der Dünen, die perfekt geschwungenen Linien, die wechselnden Farben erahnen.
Ausgeruht und motiviert starten wir am dritten Tag in die Rub al Khali. Wir beschließen, gar nicht so lange zu fahren, uns relativ zeitig einen schönen Nachtplatz zu suchen und die Wüste zu genießen. Kilometerlang geht es über festen Untergrund, keine menschengemachte Piste ist zu sehen, oder durch mehr oder weniger weichen Sand über kleinere Dünen. Wir folgen dem Track der Pistenkuh. Irgendwann gelangen wir vor eine größere Düne, der Track geht eigentlich genau dort durch. Jetzt ist er zugeweht. Aber wir geben nicht so leicht auf. Zu Fuß erkunden wir die Düne und suchen einen machbaren Weg. Sieht ziemlich abenteuerlich aus, aber wir kommen mit unseren guten Fahrzeugen und unseren beiden sanderfahrenen Männern durch! Was für ein Abenteuer!
Sieht von hier gar nicht so schlimm aus, dieser Anstieg hatte es aber in sich
Immer wieder suchen wir uns einen Weg durch und über die Sanddünen,
... bleiben schon mal stecken,
schaufeln uns frei und fahren vorsichtig weiter.
Genauso werden wir die nächsten Tage verbringen. Wir folgen grob dem Track, müssen aber immer wieder selbst nach einem Weg über einen Dünenkamm oder drum herum suchen und probieren. Das ist manchmal ganz schön haarig, anstrengend, und es ist heiß.
Aber jeden Abend sitzen wir zusammen, oft am Feuer, lauschen der vollkommenen Stille, schauen in den perfekten Sternenhimmel und könnten ewig hier bleiben. Und so kommt es, dass wir es nicht bei dem Loop belassen, sondern einfach den Track weiterfahren, soweit wir kommen bzw. wollen.
In dieser Zeit feiern wir Muriels Geburtstag. Sie hat sich in einen ganz speziellen Platz inmitten der Wüste verliebt, kurz nach einer dieser wirklich schwierigen Dünenquerung, die vor einigen Tagen alles von uns verlangt hatte. Diese Düne haben wir jetzt, auf dem Rückweg, vor uns. Wir filmen und fotografieren zusammen. Gilles und Muriel sind Profis und wir lernen eine Menge von ihnen. Es ist ein sehr sympathisches unaufgeregtes Miteinander. Wir ticken ähnlich, machen viele Dinge ähnlich, verstehen uns zu 100%. Gilles ist ein ähnlicher Perfektionist wie Jürgen und die beiden können stundenlang über alle möglichen Details fachsimpeln. Muriel hat Nelly ins Herz geschlossen, diese Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Muriel unternimmt ausgedehnte Wanderungen inmitten der Dünen und Nelly ist immer dabei.
Hier sind wir so weit mittendrin in der Wüste, um uns herum ist kilometerweit nichts als Sand. Wo kommen die Kamele her und wo wollen die hin?
Wir stehen mitten auf ihrer Straße. Das finden sie nicht so lustig.
Abendstimmung. Die Farben ändern sich.
Es geht uns gut...
... und Nelly ist auch glücklich hier.
Gilles ist ein Perfektionist. Wo ist die beste Perspektive?
Freunde
So sehr wir alle diese Zeit genießen, irgendwann steht der Rückweg an. Und genau kurz vor der hohen schwierigen letzten Düne, die wir meistern müssen, verliert der Unimog Leistung, fährt nicht mehr richtig, hat keine Power. Und hier zeigt sich, weshalb es gut ist nicht alleine in solch einsamen Regionen unterwegs zu sein. Hier kommt niemand vorbei, es gibt kein Handynetz, keine fremde Hilfe. Gilles und Jürgen gehen auf Fehlersuche und sie finden einen völlig verdreckten Hauptdieselfilter. Den hatte Gilles erst vor kurzem in einer Werkstatt tauschen lassen. Offensichtlich gab es beim letzten Tanken sehr schlechten Diesel, was man im Oman nicht unbedingt erwartet hätte. So wie Jürgen hat auch Gilles alles Mögliche mit, natürlich auch einen Filter. Der ist ruckzuck gewechselt und dann gehen wir gemeinsam die Düne an. Alles klappt wunderbar. In dieser Richtung war die Querung deutlich einfacher.
Warum bringt der Motor immer weniger Leistung?
Gut, wenn man alles Mögliche dabei hat.
Am Einstieg in die Wüste gibt es einen kleinen Ort, der nur aus ein paar Häusern besteht. Dies hier ist der einzige Laden.
Noch ein letztes Wüstencamp, dann fahren wir gemeinsam wieder hinaus und in die Zivilisation zurück. Es gibt wieder Netz, Menschen leben hier und im kleinen Laden können wir etwas Wasser kaufen. Mit einem weinenden Auge verlassen wir diese faszinierende Welt der Rub al Khali. Außer ein paar Reifenspuren im Sand, die irgendwann verweht sein werden, haben wir keine Spuren hinterlassen. Unsere Seelen hingegen sind tief und für immer berührt.